Lüneburg. Um Maskenverweigerern gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, sei eines vorweg gesagt: Professor Dr. Michael Braungart, wissenschaftlicher Leiter des Hamburger Umweltinstituts und Professor an der Lüneburger Leuphana Universität, betont: „Masken sind eines der wichtigsten Mittel zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Wir vom Hamburger Umweltinstitut haben schon lange vor dem Robert-Koch-Institut eine Maskenpflicht gefordert.“
Gleichwohl sagt der Wissenschaftler gegenüber der Lünepost aber auch: „Die in der Regel in China produzierten OP- und FFP2-Masken geben teilweise erhebliche Schadstoffe ab. Darunter flüchtige organische Kohlenwasserstoffe, Polypropylen und Formaldehyd.“
Zusätzlich seien künstliche Duftstoffe eingesetzt, die den unangenehmen Chemiegeruch überlagern sollen. Bei den blau eingefärbten OP-Masken werde zusätzlich meistens noch Cobalt als Farbstoff verwendet. „Das sind zum Teil wahre Chemie-Cocktails.“ Das hätten Untersuchungen des privaten Instituts gezeigt.
Braungart, der viel in Asien unterwegs ist, erstaunt das schlechte Test-Ergebnis nicht: „Dass so viel Giftmüll in den Masken steckt, damit habe ich gerechnet. Das ist den Asiaten aber auch nicht vorzuwerfen. Die haben dort noch nie über Umwelt nachgedacht, haben sich noch nie damit beschäftigt“, sagt der Forscher.
Besonders problematisch seien Masken, die Silberchlorid enthalten. Sie sollen zwar antimikrobiell sein, sind aber gesundheitsschädlich, da sie die Hautflora schädigen könnten. Problematisch sei es auch, wenn die Masken über mehrere Stunden getragen werden: „Dann wird Mikroplastik eingeatmet, das mit der Atemluft in die Lungen gelangt.“ Dr. Braungart rät, Masken maximal acht Stunden zu tragen. „Denn wenn sich das Vlies der Masken durch das Tragen abreibt, dann werden noch mehr Giftstoffe und Mikroplastikfasern freigegeben.“
Das Problem: Die Masken aus Asien wurden nie unter Umwelt- und Gesundheitsaspekten entwickelt Die Inhaltsstoffe der Masken sind von der Zulassung nicht betroffen. Es wird nur die Funktionsfähigkeit getestet.
Doch sollte man jetzt alle Masken, die man zu Hause herumliegen hat, wegwerfen? „Nein, da gibt es zwei einfache Tricks: Man kann die Masken entweder mehrere Stunden lang auslüften lassen oder sie im Backofen 30 Minuten lang bei 50 Grad ausheizen“, empfiehlt der Wissenschaftler. So könne ein Großteil der flüchtigen organischen Stoffe ausdünsten. Zusätzlich empfiehlt er, keine Masken mit antimikrobiellen Zusätzen, wie etwa Silberchlorid, zu verwenden, da diese erheblich gesundheitsschädlich seien.
Neben dem gesundheitsschädlichen Aspekt sieht der Professor, der sich an der Leuphana u. a. damit beschäftigt, Ressourcen sinnvoll zu nutzen, auch das Problem der steigenden Abfallentsorgung: „Wir schätzen, dass 1,5 Milliarden Masken als Müll in den Weltmeeren herumtreiben.“
Um Abhilfe zu schaffen, hat der Professor zusammen mit Studenten der Leuphana das Start-Up-Unternehmen „Holy Shit“ gegründet, mit dem Ziel, gesundheits- und umweltverträgliche Masken für den Alltagsgebrauch herzustellen. „Diese ‚VivaMask‘ besteht aus einem Material, das durch seine biologisch abbaubaren und sehr hautverträglichen Eigenschaften als Mund-Nasen-Schutz für den Privatgebrauch besonders geeignet ist.“ Durch eine Einlage erhalten die Masken FFP2-Qualität, diese Einlagen lassen sich bei 95 Grad waschen.
Umweltchemiker Michael Braungart ist überzeugt, dass wir in Zukunft weiterhin Masken tragen werden – nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie. „Wir werden immer häufiger Feinstäuben ausgesetzt, etwa durch die Landwirtschaft, durch den Abrieb von Autoreifen oder von Bremsbelägen.“ Masken seien sinnvoll, seien sogar immens wichtig – daher sollten sie auch so gesund und biologisch abbaubar wie möglich und für alle Menschen zugänglich sein.