Lüneburg. Die Gelben Säcke, Sammeltüten für Verpackungsmaterial des Dualen Systems, sind seit Jahren immer mal wieder ein Ärgernis in Lüneburg. Mal sind sie zu dünn und reißen, und mal gibt‘s erst gar keine. So wie jetzt: Mehrere Leser luden ihren Frust in der Redaktion ab: „Seit Monaten bekomme ich keine Säcke bei meinem Supermarkt”, klagten sie unisono.
Händler bekommen den Kundenfrust ab
Wobei an einigen Ausgabestellen Mangel herrscht, an anderen nicht. Bei Edeka am Sande z. B. stöhnt Mitarbeiter Holger Eckert: „Wir haben seit Monaten keine Säcke für unsere Kunden bekommen!” Jeden Tag gebe es viele Nachfragen, „und immer wieder müssen wir Rede und Antwort stehen“, sagt er. Aber er und seine Kollegen hoffen auf Besserung: Für kommende Woche sei eine Lieferung angesagt. Und Eckert findet: „Die gelbe Tonne sollte hier eingeführt werden, das wäre die beste Lösung für alle!” Die ist allerdings für die Stadt, anders als für den Landkreis, nicht in Sicht. Ein Grund: Viele Stadtbewohner haben gar nicht den Platz, um noch einen vierte Tonne aufzustellen – neben Rest- und Biomüll und der Papiertonne.
Die Ursachenforschung gerät zäh. Laut Website ist die hessische Firma RMG Rohstoffstoffmanagement für die Belieferung Lüneburgs mit den Gelben Säcken zuständig. Dort kann man auch alle Verteilstationen einsehen. Übers Servicetelefon gelangt man schließlich an die Firmenzentrale des Unternehmens Nehlsen aus Bremen und erfährt: Zuständig für die Verteilung in Lüneburg ist die Filiale in Soltau.
Werden viele Säcke falsch genutzt?
„Ja, es gab Engpässe in Lüneburg”, bestätigt Unternehmenssprecherin Marcia Kantos. „Allerdings waren das keine Lieferengpässe wie z. B. während der Coronakrise.” Die bestellten Säcke seien schlicht schon verbraucht gewesen. „Und zwar, weil sie vermehrt zweckentfremdet werden”, vermutet Kantos. Viele würden die Säcke für die Altkleidersammlung oder das Sammeln von Pfandflaschen nutzen. „Sehen Sie mal in einen Abfalleimer neben den Pfandautomaten bei den Discountern”, rät sie. „Da finden Sie viele zweckentfremdete Gelbe Säcke.” Deshalb wolle ihre Firma jetzt eine Aufklärungskampagne starten. „Insbesondere in Wohnanlagen, die über eine gelbe Tonne verfügen.” Hier würden die Menschen nämlich ihren Müll in den Säcken verpackt hineinwerfen. „Aber das ist ja nicht der Sinn – der Müll soll direkt hineingegeben werden. Gelbe Säcke müssen hier nicht verbraucht werden.”
Ist vielleicht grundsätzlich die Menge der Säcke pro Person zu knapp kalkuliert? „Jeder Mensch in Deutschland verbraucht durchschnittlich 35 Kilo Verpackungsmüll im Jahr”, erklärt die Sprecherin. In einen Sack würden ca. 2,7 Kilo passen. Macht 13 Säcke pro Person, also genau eine Rolle. „Wir verteilen in Lüneburg insgesamt 2,5 Mio. Säcke im Jahr”, erklärt Marcia Kantos. Lüneburg hat rund 72.000 Einwohner. „Davon gehen noch die rund 1900 Bewohner der großen Wohnanlagen ab, in denen die gelbe Tonne steht.” Daraus folge: Für jeden Einwohner stehen 35 Säcke im Jahr zur Verfügung, also knapp drei Rollen anstelle von einer.
Die Anzahl der Säcke werde immer für drei Jahre zwischen dem in der Region zuständigen Dualen System und der Stadt ausgehandelt. „Ich denke nicht, dass an der Menge der Säcke etwas geändert werden muss. Hier liegt sicher keine Fehlkalkulation vor”, betont die Sprecherin. „Wir müssen einfach besser darüber aufklären, dass die Säcke wirklich nur für Verpackungsmüll da sind.”
Jeder Haushalt bekommt jetzt zwei Rollen
Dass es so lange dauerte, bis neue Tüten nachgeliefert wurden, kann sie im Einzelfall nicht erklären: „Das kann mal mangelnde Kommunikation sein, vielleicht wurde der Mangel auch nicht rechtzeitig gemeldet, oder ein Liefer-Lkw fiel aus. Wir bemühen uns auf jeden Fall, immer so schnell wie möglich nachzuliefern, wenn die Säcke irgendwo ausgegangen sind.”
Die unterschiedliche Verfügbarkeit läge wohl an den Verteilstellen selber. Manche gäben die Säcke großzügiger aus als andere – und seien dann eher mit ihren Vorräten am Ende.
Der Engpass an Gelben Säcken soll aber schon bald vorbei sein: „Wir versorgen gerade alle Haushalte in Lüneburg mit je zwei Rollen, damit eine Grundversorgung gegeben ist. Damit wollen wir Anfang März durch sein.” Diese Verteilung sei eine Sonderregelung, die es nur hier gebe. „Und wer mehr braucht, wird an den bekannten Verteilstellen wieder fündig”, verspricht die Sprecherin.