Lüneburg. Die Sommernacht ist lau, das Bier perlt, die Stimmung ist prächtig – und auf dem Höhepunkt der Party verstummt die Musik. Dieses Szenario droht bei „Lüneburg feiert“, dem letzten großen Straßenfest in der Hansestadt. Denn wie die Lünepost auf Nachfrage aus dem Rathaus erfuhr, gilt auch beim Stadtfest-Nachfolger vom 16. bis 18. Juni die niedersächsische Lärmschutzverordnung. Und die besagt, dass an Abenden vor Werktagen draußen ab 22 Uhr Ruhe zu herrschen hat. Während Samstag bis Mitternacht Livemusik gespielt werden darf, ist Freitag und Sonntag jeweils um 22 Uhr sprichwörtlich Feierabend.
Samstag Livemusik bis Mitternacht
„Leider ist das so“, seufzt Melanie-Gitte Lansmann, Geschäftsführerin des Stadtmarketings. „Wir haben unsere Bühnenplanungen dementsprechend angepasst.“ Der diesjährige Headliner Stefan Gwildis werde daher schon um 20.30 Uhr auf die Bühne gehen. „Der Umgang mit dem Lärmthema ist überall anstrengend“, weiß die erfahrene Veranstaltungsfrau, die vor ihrem Engagement in Lüneburg u. a. in Hannover das Maschseefest mit ins Leben gerufen hat. Früher habe man mehr Möglichkeiten gehabt, auch mal Ausnahmegenehmigungen erhalten. Jedoch: „Seit Corona ist es nahezu unmöglich geworden, länger zu spielen.“
Fabricius: Deutschland lacht
Als Vorsitzender des hiesigen Schaustellerverbandes sieht Benno Fabricius seine Branche vor einem schwierigen Wochenende: „Wenn ich das in den bundesweiten Chat der Schaustellerverbände schreibe, dann lacht das ganze Gewerbe“, schimpft er. „Was wir hier erleben, ist einmalig in ganz Deutschland. Da wird ein teures Programm mit tollen Künstlern zusammengestellt – und die Besucher müssen früh nach Hause.“ Aus Erfahrung weiß er: „Die Leute kommen nun mal abends auf solche Feste. Wenn die um 19 Uhr kommen und um 22 Uhr sollen sie wieder gehen – das geht nicht!“ schimpft er mit Blick auf die Umsätze an den Bier- und Wurstbuden.
Stadt: Musik kann ausklingen
„Um 22 Uhr muss die Musik ausklingen. Das heißt nicht, dass um Punkt 22 Uhr der Stecker gezogen wird“, stellt Stadtsprecherin Ann-Kristin Jenckel klar. „Auch ist das Fest damit nicht sofort beendet, die Buden dürfen jeweils eine Stunde länger geöffnet bleiben.“ Für Schausteller-Chef Fabricius ist das nur ein kleiner Trost: „Es ist nicht zu begreifen, was in Lüneburg grassiert. Ich habe das Gefühl, die Leute wollen aus Lüneburg einen Zentralfriedhof machen“, sagt er in Richtung derjenigen, die sich bei jeder lauteren Veranstaltung gleich beschweren. Ähnlich, wenn auch nicht so drastisch, sagt LMG-Chefin Melanie-Gitte Lansmann: „In Hannover dürfen sie auch nur bis 23 Uhr Musik machen – aber immerhin dürfen sie bis 23 Uhr …“
Lärmthema beschäftigt die Politik
Das Lärmthema wird nun zum Politikum, wie Philipp Meyn, SPD-Landtagsabgeordneter und Mitglied im Stadtrat, berichtet: „‚Lüneburg feiert‘ steht für gemeinschaftliche Lebensfreude. Hier treffen sich alte Bekannte, Kollegen und Freunde. Die SPD beantragt mit anderen Fraktionen, dass beim Stadtfest und den Sülfmeistertagen nicht schon um 22 Uhr der Stecker gezogen wird.“ Nach LP-Infos sollen auch Grüne und FDP hinter dem Antrag stehen, die Bühnen bis 24 Uhr zu bespielen.
Sollte daraus nichts werden, hoffen die Beteiligten, dass Polizei und Ordnungsamt ihre Vorgaben nicht allzu streng anwenden. Denn jede Minute Umsatz tut den Verkäufern gut – und jede Minute Feiern den Besuchern.