Lüneburg. Eines vorweg: Am Lüneburger Marktplatz hat nach wie vor das letzte echte Kaufhaus der Stadt seinen Sitz. Vom Anzug bis zur Zitronenpresse finden Kunden bei Galeria das volle Sortiment, auch die legendäre Bruch-Schokolade liegt wie gewohnt in der Auslage. Doch hat das Kaufhaus-Konzept noch eine Zukunft?

Kaufhaus-Krise ist unübersehbar

Wenn es rein nach der Wirtschaftlichkeit geht, wohl eher nicht. Der aus Karstadt und Kaufhof hervorgegangene Warenhauskonzern durchläuft aktuell zum wiederholten Mal ein Schutzschirmverfahren, also eine Sanierung in Eigenregie. Auch im Lüneburger Haus ist die Kaufhaus-Krise unübersehbar: So war das Warenangebot selbst in der Weihnachtszeit überschaubar – und die Zahl der Kunden ist es auch, nicht nur im traditionell eher mauen Monat Januar.

Zuletzt hieß es, dass von 131 Filialen an 97 Standorten bis zu 90 geschlossen werden könnten. Auch der Standort Lüneburg soll zur Disposition stehen. Genaueres erfährt man nicht aus der Essener Konzernzentrale. Wie man aber aus dem Lüneburger Kaufhaus hört, soll es nach einer Aufsichtsratssitzung in dieser Woche zumindest leichtes Aufatmen unter den Beschäftigten geben.

Verdi plant Protest

Doch das Zittern der „Karstädter“ geht weiter: An diesem Samstag will Verdi mit den hiesigen Galeria-Mitarbeitern eine Unterschriftenaktion in der Bäckerstraße starten, um das Kaufhaus doch noch irgendwie retten zu können.

Aber wenn das nicht klappt? Was wird dann aus der riesigen Immobilie, die der Lüneburger Handel und die Verwaltung immer als Kundenmagneten und Ankerfläche der Innenstadt bezeichnen? Wir haben uns an anderen ehemaligen Karstadt-, bzw. Galeria-Standorten umgeschaut und kreative Nachfolgelösungen mit Charme gefunden.

  • Beispiel Hamburg: Das kleine Kaufhaus an der Mönckeberg­straße wurde nach seiner Schließung zur Popup-Galerie. Der anonyme Streetart-Star Banksy lockte im Vorjahr die Massen in seine Ausstellung. Auch das Karstadt-Sporthaus an der „Mö” wurde vorübergehend zum Platz für Kreative. Nun wird überlegt, dort vielleicht ein Naturkundemuseum zu eröffnen.
  • Beispiel Oldenburg: Nach jahrelangem Leerstand wurde der alte Karstadt zum Pilotprojekt „Core“. Lokale Investoren kauften das Gebäude von einem US-Konzern und verwandelten es erfolgreich in einen Ort zum Arbeiten, Netzwerken und Kommunizieren. Heute gibt es dort einen großen Foodcourt, Coworking-Spaces, kleine Ateliers und Geschäfte lokaler Händler.
  • Beispiel Rendsburg: In der schleswig-holsteinischen Kleinstadt wurde das Gebäude aufgebrochen und ist nun ein lichtdurchflutetes Senioren- und Pflegeheim.
    Beispiel Essen: In der Ruhrpott-Metropole heißt Galeria bald „Königshof”. Nach der Entkernung laufen aktuell die Umbauarbeiten. Ins Untergeschoss zieht Discounter Aldi, in den oberen Etagen sollen eine Markthalle, Gastronomie und Einzelhandel einziehen.
    Beispiel Mannheim: Hier wird der alte Kaufhof abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Am alten Kaufhaus-Standort entstehen Wohnungen, Praxen, Büros und Einzelhandelsflächen.
  • Beispiel Hannover: Auch hier steht der Abriss eines Karstadt-Hauses bevor. Geplant sind ebenfalls Büroflächen.

Und Lüneburg? Noch steht „Karstadt” an der Fassade – und über 100 Mitarbeiter hoffen, dass das noch lange so bleibt. Aber falls tatsächlich das Aus kommt, dann muss die zentrale Immobilie attraktiv und innovativ genutzt werden.

Restaurant, Kita und Markthalle?

Und da bieten die anderen Städte viele kreative Beispiele. Ein Restaurant mit unvergleichlichem Ausblick auf den Marktplatz wäre für die Innenstadt sicher genauso bereichernd wie eine City-Kita im Obergeschoss mit Spielplatz im Innenhof. Auch eine überdachte Markthalle mit Ständen im Erdgeschoss des Kaufhauses würde sicher viele Kunden anlocken – warum nicht in Zusammenarbeit mit den Lüneburger Wochenmarkt­beschickern? Coworking-Spaces wären eine Idee, Serviceschalter des Bürgeramtes und der Tourist-Info, „Shop-in-Shop”-Flächen für Einzelhändler oder ein Foodcourt mit internationalem Gastro-Angebot. Und es gibt sicher noch viele weitere Ideen.